

Funktionale Sicherheit in der Prozessindustrie
Funktionale Sicherheit ist ein wichtiger Teilbereich der Gesamt-Systemsicherheit, der bei der Planung, Entwicklung, Implementierung, Betrieb bis hin zur Ausserbetriebsetzung von Anlagen in der Prozessindustrie berücksichtigt werden muss. Was Funktionale Sicherheit für die Prozessindustrie bedeutet und was die wichtigsten Bestandteile sind, erläutert dieser Beitrag.
Inhalt:
Bedeutung Funktionaler Sicherheit in der Prozessindustrie
Das Ziel der Funktionalen Sicherheit, in Englisch „Functional Safety“, besteht darin, die Sicherheit von Mensch, Umwelt, Maschinen, Geräten und Systemen zu gewährleisten. Das geschieht vor allem durch Identifikation von möglichen Gefahrenquellen und der daraus folgenden Risikominimierung.
Die Funktionale Sicherheit ist ein wichtiger Bestandteil von Systemen, die in der Prozessindustrie eingesetzt werden, da hier u.a. automatisierte Prozesse ablaufen, die Risiken für Mensch, Umwelt und Anlage darstellen können. Anlagen in der Prozessindustrie müssen sicher und zuverlässig sein. Eine Fehlfunktion kann schwerwiegende Konsequenzen haben.
Wird die Funktionale Sicherheit nicht erfüllt, kann das im schlimmsten Fall Gesundheitsgefährdungen von Menschen oder Umweltkatastrophen nach sich ziehen.
Einfluss der Funktionalen Sicherheit auf die Industrie 4.0
Die Funktionale Sicherheit hat sich während der fortlaufenden Automatisierung und Digitalisierung als immer wichtigerer Bestandteil bei unterschiedlichsten Anwendungsbereichen etabliert, welcher nicht mehr wegzudenken ist. Die Sicherstellung von reibungslosen Abläufen für sicherheitskritische Systeme ist von hoher Bedeutung und hat nachhaltig Einfluss auf die Industrie 4.0.
IEC 61511: Norm zur Funktionalen Sicherheit in der Prozessindustrie
In Zukunft werden zunehmend mehr automatisierte Anlagen und Systeme Einsatz finden, die stets auf ihre Sicherheit geprüft werden müssen. Durch verschiedenste Normen sind bereits jetzt Standards geschaffen, die sicherheitsrelevante Systemen erhöhe sollen:
Die internationale Norm IEC 61511 liefert den Standard für sicherheitsinstrumentierte Systeme (SIS) in der Prozessindustrie. Sie beschreibt Methoden und Vorgehensweisen, wie diese Systeme geplant, designed, implementiert, betrieben und gewartet werden müssen, um Risiken zu minimieren und Sicherheit zu gewährleisten.
Neben der Norm IEC 61511 gibt es noch weitere Normen und Standards, die unter anderem auch für z.B. Maschinen die Prozessindustrie eingesetzt und wichtig sind. Auch hier ist es das Ziel dieser Normen, Risiken zu minimieren, indem ein hohes Maß an Sicherheit für Maschinen, Geräten und Systemen erreicht wird. Darunter fallen zum Beispiel:
- IEC 61508: Diese internationale Norm legt die Anforderungen für die Funktionale Sicherheit sicherheitsbezogener elektrischer/elektronischer/programmierbarer elektronischer Systeme (E/E/PE-Systemen) fest.
- VDI/VDE 2180: Nationale Norm für die "Funktionale Sicherheit in der Prozessindustrie". Diese Richtlinie basiert auf DIN EN 61511 (VDE 0810) und gilt für Anlagen der Prozessindustrie, z.B. der chemischen und petrochemischen Industrie. Sie stellt eine bewährte Möglichkeit dar, die Anforderungen der 12. BImSchV (Störfallverordnung) an PLT-Einrichtungen mit Sicherheitsfunktion umzusetzen.
- DIN EN IEC 62061: Diese Norm legt die Anforderungen für die Sicherheit von Maschinen - Funktionale Sicherheit sicherheitsbezogener Steuerungssysteme fest.
- DIN EN ISO 13849: Diese europäische Norm "Sicherheit von Maschinen - Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen" legt die Anforderungen für die sichere Funktionsweise fest.
HAZOP-Analyse
Die HAZOP-Analyse (Hazard and Operability Study) ist eine Methode zur Identifizierung von Gefahren und Betriebsstörungen in der Prozessindustrie. Sie kann als Teil eines umfassenden Sicherheitsmanagementsystems verwendet werden, das auch die IEC 61511-Norm umfasst.
Safety Integrity Level (SIL) in der Funktionalen Sicherheit
Safety Integrity Level, abgekürzt SIL, ist ein Maß in der Funktionalen Sicherheit, das die Ausfallwahrscheinlichkeit durch einen Fehler bzw. die Risikominderung eines Systems oder einer sicherheitsrelevanten Funktion beschreibt.
Eine Sicherheitsebene (SIL) wird durch die Kombination von verschiedenen Faktoren bestimmt wie zum Beispiel:
- der Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines gefährlichen Ereignisses
- der Schwere des Schadens, der durch ein solches Ereignis verursacht wird
- der Wahrscheinlichkeit, dass das Sicherheitssystem oder die sicherheitsrelevante Funktion das gefährliche Ereignis verhindert
- der Wahrscheinlichkeit, dass das System oder die Funktion bei Bedarf ordnungsgemäß funktioniert.
Es gibt 4 SIL-Stufen: SIL 1, SIL 2, SIL 3 und SIL 4.
Je höher die SIL-Stufe, desto höher ist das Schutzniveau vor den Auswirkungen gefährlicher Ereignisse einer Anlage.
In der Regel wird der Safety Integrity Level in der Funktionalen Sicherheit verwendet, um die Anforderungen an die Sicherheit von Anlagen oder Systemen zu definieren und einzustufen.
Fortschreitende Anforderungen der Funktionalen Sicherheit
Der Anlagenbetrieb in der Prozessindustrie steht für umfangreiche Pflichten und Verantwortung beim Betreiber: Prozesse sind bestmöglich gegen Störfälle abzusichern, Risiken und potenzielle Gefahren sind auf das technisch machbare Minimum zu reduzieren.
Die umfangreichen gesetzlichen Auflagen und Normen entwickeln sich ständig weiter und nehmen Unternehmen und ihre Verantwortlichen unmissverständlich und immer wieder neu in die Pflicht.